ORFEO International – Pressetexte

Wichtige Veröffentlichungen kurz vorgestellt

Oktober 2018

ORFEO 1 CD C 933 181 A

Trip to Russia

Seltenes russisches Cello-Repertoire: Aus der Alten Welt

Vielleicht ist ja relative Begrenztheit eines Repertoires auch ein Vorteil. Die riesigen Welten etwa des Opernschaffens Verdis, von Bachs Kantatenwerk, der Lieder Schuberts oder von Haydns Symphonien scheinen so unüberschaubar, daß man sich völlig überfordert fühlen kann. C 933 181 A
C 933 181 A
Beim Cello-Repertoire ist es ganz anders, und Daniel Müller-Schott scheint es jedes Mal regelrecht zu genießen, aus dieser Not eine Tugend zu machen, auf jeweils eigene Weise zu Hauptwerken der Literatur hinzuführen und sie individuell zu beleuchten.
Sein neues rein russisches Programm kreist um Tschaikowskys Rokoko-Variationen. Mit weiteren Werken von Tschaikowsky, Rimsky-Korsakov und Alexander Glasunow finden sich hier Vertreter einer mit Glasunows Tod bis 1936 reichenden Spätromantik vereint, die sich in der Wirklichkeit ein einziges Mal zu dritt begegneten – bei der Einweihung einer Glinka-Statue 1885.
Ansonsten verband sie ein komplexes, auch spannungsvolles Verhältnis, wie es im ausführlichen Künstler-Interview von Meret-Forster im Beiheft en detail nachvollziehbar wird. Müller-Schott macht erlebbar, dass die Rokoko-Variationen einerseits die Mozart-Liebe Tschaikowskys und seine „moderne“, noble historische Reflektiertheit enthalten – aber auch seine intensive Emotionalität. Daneben führt er das schon als originales Violinwerk völlig unbekannte dreiteilige „Souvenir d’un lieu cher“ von Tschaikowsky vor, auf der Violine schwer genug, auf das Cello übertragen vom Solisten selbst (und orchestriert von Glasunow) eine Herausforderung der Extraklasse – die nebenbei das Repertoire erweitert.
Diese und noch weitere genremäßig höchst unterhaltsam und lehrreich verschieden geartete Werke von einem gestandenen Solisten zu hören, der selber noch Schüler des russischen Monuments Rostropowitsch war, gibt dem Interpreten hier selber schon eine historische Dimension. Immerhin schon mehr als ein Vierteljahrhundert ist es her, daß er 1992 den 1. Preis im Tschaikowsky-Wettbewerb für Junge Musiker gewann, dem Beginn seiner internationalen Karriere – die in ihrer Konstanz inzwischen schon viel länger währt, als es in unseren kurzlebigen Zeiten selbstverständlich ist.

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