ORFEO International – Pressetexte

Wichtige Veröffentlichungen kurz vorgestellt

Mai 2006

ORFEO 1 CD C 599 061 B

Ursula Schröder-Feinen
Ursula Schröder-Feinen
Es gibt Stimmen, die wie ein Naturereignis über den Hörer hereinbrechen. Und es gibt solche, die in die Tiefe des Herzens dringen. Dass beides zusammenkommt, ist sehr selten, zumal im sogenannten „Hochdramatischen Fach“. Zu diesen Ausnahmen gehörte Ursula Schröder-Feinen. Wenn sie als Elektra, Färberin oder „Fidelio“-Leonore auf der Bühne stand, war man überwältigt von der schieren Pracht des Klanges – und zugleich tief bewegt von der ehrlichen, unschuldigen Art ihres Singens.

„Ich werde nie vergessen, als ich sie zum ersten Mal hörte, bei einer ‚Elektra’-Probe in Berlin. Man hatte mir wohl gesagt, dass ich eine herrliche Stimme hören werde, aber ich war nicht gefasst auf das, was dann kam. Sie war so anrührend als Elektra, dass mir die Tränen gekommen sind.“ Was Leonie Rysanek von ihrer ersten Begegnung mit Ursula Schröder-Feinen erzählte, deckt sich mit vielen Berichten von Zeitzeugen. Ähnlich enthusiastisch berichtete Martha Mödl von einem der ersten Auftritte der Sopranistin an der Deutschen Oper am Rhein. Wieder war es in Elektra, aber damals sang sie noch die Chrysothemis – und sei so aufregend gewesen, dass nach ihrer Phrase „Nein, ich bin ein Weib und will ein Weiberschicksal“ spontaner Beifall losbrach.

Umso merkwürdiger, dass es von dieser Stimme nicht eine einzige „offizielle“ Aufnahme gibt, sondern bislang nur unautorisierte Mitschnitte auf dem „grauen Markt“. Die einzige kommerzielle Einspielung, an der sie beteiligt war, Wagners „Lohengrin“ unter Karajan, stand unter einem schlechten Stern. Als sie nach einer Pause von sechs Jahren endlich fertiggestellt werden konnte, war es für Ursula Schröder-Feinen zu spät: Eine schwere Stimmkrise beendete ihre Karriere viel zu früh, im Alter von 43 Jahren.

Daher freuen wir uns, mit dem vorliegenden Portrait die erste autorisierte Solo-Platte der Sopranistin vorlegen zu können. Sie enthält ausschließlich Live-Aufnahmen von der Deutschen Oper am Rhein und ist zugleich ein besonderer Beitrag zum Jubiläum der DOR, die Ende September 2006 ihr 50jähriges Bestehen feiert.

Wenngleich die Dokumente klangtechnisch von begrenzter Qualität sind, vermitteln sie doch einen starken Eindruck von der Künstlerin. Schon beim Rezitativ der Leonore „Abscheulicher! Wo eilst du hin?“ spürt man die raumfüllende Präsenz dieser Stimme, die in der Mittellage und Tiefe genauso voll klingt wie in der Höhe. Von dieser reichen Mittellage profitiert auch die Erzählung der Sieglinde, deren Untiefen schon mancher Sopranistin zu schaffen gemacht haben. Ganz in ihrem Element scheint Ursula Schröder-Feinen in den drei Strauss-Partien gewesen zu sein: als Salome, Elektra und Färberin.

Mit den Auszügen aus der Elektra-Aufführung von 1973 knüpft das vorliegende Sänger-Portrait an die erste CD der ORFEO-Reihe „Deutsche Oper am Rhein“ an, die zwei „Elektra“-Vorstellungen aus dem Jahr 1964 enthält. Dort ist Astrid Varnay in der Titelpartie, hier ist sie als Klytämnestra zu erleben. Das Duell zwischen Mutter und Tochter mit Varnay und Schröder-Feinen gehörte in den 70er Jahren zu den Highlights der Opernszene, an der Deutschen Oper am Rhein ebenso wie an den Opernhäusern in Berlin, Hamburg und München.

nach oben