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Juni 2014

Rafael Kubelik zum 100. Geburtstag

Von einer Ära ist heute schnell, manchmal allzu schnell die Rede – kaum fünf Jahre genügen mitunter schon dafür, dass sie ausgerufen wird. Spricht man in München dagegen von der „Ära Kubelík“, so hat das gute Gründe. Rafael Kubelik
Rafael Kubelik
Foto: Fayer
Denn der am 29. Juni 1914 im böhmischen Býchory geborene Rafael Kubelík war ganze achtzehn Jahre (1961–1979) Chefdirigent beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und diesem Ensemble als Gastdirigent noch bis Mitte der 80er Jahre verbunden. Schallplattenhistorisch wäre es eine Untertreibung zu behaupten, dass das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit Kubelík im Stereozeitalter angelangt ist. Vielmehr wurde diese Epoche nachhaltig von Kubelík und diesem Orchester mitgeprägt, und zwar weit über das damalige Kernrepertoire hinaus. Natürlich gehörten auch Beethoven, Brahms, Haydn oder Mozart, die in exemplarischen Aufführungen unter Kubelík im Orfeo-Katalog vertreten sind, zu den Komponisten, deren Musik Kubelík mit größter Selbstverständlichkeit zum Leuchten und in einen ganz selbstverständlichen Fluss brachte (und mit den gebotenen ruhigen, stürmischem und mitreißenden Wegabschnitten). Doch gab es unter Kubelík gab es noch unendlich mehr zu entdecken, wie z.B. die Werke Mahlers, die in den 60er Jahren erst nach und nach in das Bewusstsein des Konzertpublikums fanden, oder jene von Karl Amadeus Hartmann, der zugleich nur einer von vielen musikalischen Vertretern des 20. Jahrhunderts war, deren Musik Kubelík dem Publikum vorstellte und zu deren Kreis er als Komponist selbst gehörte (ohne diese Tätigkeit vom Dirigentenpult aus zu forcieren). Nicht zuletzt war es ihm, nach seiner Emigration aus der Tschechoslowakei jahrzehntelang im Exil lebend, ein besonderes Anliegen, der Musik seiner Heimat ein angemessenes Gewicht in seinem Repertoire zu verleihen. Die symphonischen Werke von Dvořák, Janáček und Smetana hat wohl niemand bezwingender, in ihrer musikalischen Tiefe präziser und dabei so schön und warm im Klang realisiert wie Kubelík eben wiederum (wenngleich nicht nur) mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Auch achtzehn Jahre nach seinem Tod am 11. August 1996 in Kastanienbaum bei Luzern hat Kubelík daher in der Erinnerung vieler Münchner und unzähliger Liebhaber der klassischen Musik in aller Welt einen festen Platz.

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