Hildegard Behrens
Foto: Sabine ToepfferOb als Leonard Bernsteins, Wolfgang Sawallischs und Lorin Maazels Isolde in München, ob als Brünnhilde unter Georg Solti im Bayreuther Festspielhaus, unter James Levine an der New Yorker Metropolitan Opera oder unter Christoph von Dohnányi an der Wiener Staatsoper – Hildegard Behrens wurde stets für ihre leuchtkräftige Stimme und darstellerische Ausstrahlung gefeiert, die sie freilich mit größter gestalterischer Geschicklichkeit und Intelligenz in Einklang zu bringen verstand. Ihren Durchbruch hatte sie bereits in den 70er Jahren gefeiert, mit zwei der heikelsten Partien des dramatischen Repertoires überhaupt: als Salome unter Herbert von Karajan ließ sie Richard Strauss’ Diktum von seiner „16jährigen Prinzessin mit der Isoldenstimme“ einmal nicht paradox erscheinen.
C 560 012 IIhre künstlerische Visitenkarte jedoch wurde innerhalb von gerade einmal drei Jahren Beethovens Fidelio-Leonore: unter Sir Reginald Goodall in London, unter Karl Böhm in New York und, wie im Live-Mitschnitt von 1978 bei Orfeo dokumentiert, ebenfalls unter Böhm in München. Hier konnte sie alle ihre Vorzüge ausspielen: Präzision und Temperament in Stimme und Spiel (auch beim gesprochenen Text!), eine blendende Erscheinung sowie ihr klar fokussiertes und in der triumphalen Höhe gipfelndes, warmes Timbre. Dank ihrer Professionalität und technischen Klasse gelang es Hildegard Behrens – auch als Kollegin äußerst beliebt und mit vielfachen Ehrungen bedacht – diese Grundcharakteristika ein gutes Vierteljahrhundert zu bewahren, exemplarisch hierfür die vom Komponisten auf sie zugeschnittene Rolle der „R“ in Luciano Berios Cronaca del Luogo bei der Salzburger Festspiel-Uraufführung 1999 unter Sylvain Cambreling; unvergesslich hier die Zwiegesänge mit der Figur des Orvid und der ariose Monolog von Hildegard Behrens am Ende, vergleichbar ihren großen Momenten im musikalischen Dialog mit Florestan, Tristan, Wotan oder Siegfried und den unzähligen Finalszenen, denen sie bei Wagner und Strauss ihren Stempel aufgedrückt hat. Die Opernwelt trauert angesichts des Verlustes dieser großen Künstlerin, die am 18. August unerwartet in Japan verstorben ist.