ORFEO International - Katalog

CDs

C 901 162 B

Ludwig van Beethoven

Orfeo • 2 CD • 2h 19min

Bestellnr.: C 901 162 B


Komponisten/Werke:

L.v. Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58
L.v. Beethoven: Symphonie Nr. 7 A-Dur op. 92
L.v. Beethoven: Coriolan-Ouvertüre c-Moll op. 62
L.v. Beethoven: Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 (Eroica)

Mitwirkende:

Wilhelm Backhaus (Klavier)
Wiener Philharmoniker (Orchester)
Hans Knappertsbusch (Dirigent)

Knappertsbusch: Beethoven

Zur Sonderstellung der Wiener Philharmoniker – das muß man sich immer wieder vergegenwärtigen – gehört unter anderem, daß sie wegen ihrer Verfassung als autonomes Konzertorchester neben der Wiener Staatsoper immer ein ganz besonderes, in einigen Fällen besonders lang währendes, kontinuierliches und intensives Verhältnis zu den von ihnen gewählten Gastdirigenten ausbilden. Der 1888 in Elberfeld geborene Hans Knappertsbusch und das Orchester begegneten sich zuerst in Salzburg 1929 und gestalteten, neben unzähligen gemeinsamen Vorstellungen in der Wiener Staatsoper, bis zu seinem Tod 1964 nicht weniger als 210 Konzerte miteinander.

Der in seiner imponierenden äußeren Erscheinung eigen- C 901 162 B
C 901 162 B
und einzigartige Mann war einerseits anscheinend schroff öffentlichkeitsabstinent, schien sich dabei zugleich der deswegen umso größeren Bewunderung und Liebe des Publikums nicht ganz unbewusst; berüchtigt war er für regelrecht gewagt minimalistische Proben – und auch dafür – bis zu einem gewissen Punkt – umso mehr geliebt von den Orchestern; und nicht alle seiner diversen Kommentare über Musiker(innen), Kollegen und (moderne) Komponisten sind zitierfähig. Dabei verstand er es, innerhalb der für ihn typischen Beschränkung auf ein relativ kleines Repertoire die ihm besonders am Herz liegenden Meisterwerke in einer ihm über die Jahre zugewachsenen genial intuitiven Mischung aus ruhig-überlegener mentaler Disposition und einem hohen Maß an tief emotionaler Spontaneität und heftigem, manchmal jähem Ausdruck darzubieten.

Diese charakteristische Mischung wird verständlicherweise viel eher in seinen Konzert-mitschnitten als den von ihm nicht geschätzten Studio-Aufnahmen (nach-)erlebbar – insofern war er ein typischer Vertreter einer Generation, deren Musik-Machen sich nicht mit den Erfordernissen späterer Studio-Perfektion in Deckung bringen ließ (geschweige denn sich mehr oder weniger unbewusst diesen schon vorab anpasste). Legendär ist der „Probelauf“ je einer Aufnahme eines Walküre-Aufzugs der Plattenfirma Decca mit ihm und dem jungen Solti für die geplante Ring-Gesamtaufnahme – mit dem bekannten Ergebnis.

Wie bei einigen späteren Kollegen ist der Beethoven-Zugriff dieses vor allem für seine deutschen, noch „schwereren“ Spätromantiker berühmten Dirigenten noch einmal ein Sonderfall innerhalb des Sonderfalls. Die hochgradige Unvorhersehbarkeit– auch insofern ist er ein völliger Antipode des großen Kollegen und Konkurrenten Karajan – gibt seinen Interpretationen in den besten Momenten etwas von Nachschöpfung im wörtlichen Sinn, einem Erklingen „wie beim ersten Mal“, und wohl auch dadurch etwas so Starkes, Erfrischendes, Befreiendes – von jeder Art bequemer Hörkonvention – und heute, im Nachhinein, auch neu hinzugekommener Moden und Zwänge. Immer wird dem ausdrucksvollen Detail seine Zeit gegeben wie dadurch dem Gesamtzusammen-hang; niemals wird man ein mit noch so viel vermeintlicher Informiertheit begründetes gehetztes Tempo vernehmen; aber eben auch keinen „titanischen“ Ausdruck (was auch immer das sein soll). Dabei wirkt das Ganze immer wieder – so charakteristisch verschieden die Knappertsbusch’schen Interpretationen desselben Werkes auch ausfallen können – auf einer höheren Ebene auf jeweils eigene Weise ausbalanciert und in sich stimmig. Kurzum: die Wesenszüge Knappertsbusch’schen Musizierens treten bei Beethoven, in dessen so rational-konstruktiven wie fantasievoll frei in neue Bereiche ausschweifendem Komponieren besonders anregend hervor.

Auf der neuen Doppel-CD ist sowohl ein vollständiges Konzert aus dem Musikverein vom 17. Januar 1954 mit Coriolan-Ouvertüre, viertem Klavierkonzert und siebter Symphonie zu hören, als auch aus einem Konzert ebenda vom 17. Februar 1962 die dritte Symphonie. Beim unheroischen G-dur-Klavierkonzert ist Knappertsbuschs Partner der für seinen Beethoven berühmte Generationskollege Backhaus, der mit der ihm eigenen „Sachlichkeit“ und seiner legendären Virtuosität zwei Klischees über „typisch deutsche“ Musiker zugleich widerlegt. Der bewährte Beihefttext-Verfasser Gottfried Kraus weiß bei dieser Gelegenheit sogar noch von einem Besuch in Backhaus’ Salzburger Domizil zu berichten, bei dem dieser von seinem lebenslangen Ringen um die heiklen lyrischen Eingangs-Akkorde sprach... Im dritten Satz werden wir auch von ihm noch mit einer unbekannten Kadenz aus Hörgewohnheiten gerissen und sodann verdutzt in das alte, neue Stück zurückgeworfen – so verschieden können von großen Interpreten die großen Werke gespielt werden, die eben viel größer sind als jede mögliche einzelne Deutung.


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