C 873 141 A Im Aufnahmestudio hat sie darüber hinaus das 2. Violinkonzert desselben Komponisten sowie den Duo-Zyklus Mythen mit Lauma Skride als Klavierpartnerin aufgenommen. An Szymanowskis Musik fasziniert vor allem ihre stilistische Vielfalt. Sein Schaffen gliedert sich in mehrere Phasen: die frühe Klavier- und Kammermusik verrät deutlich den Einfluss Skrjabins und Chopins, wobei die Werke des Letzteren für Szymanowski eine entscheidende Motivation als Mitbegründer der „jungpolnischen“ Musikbewegung darstellten. Auf seinen Reisen durch Europa und bis nach Afrika entwickelte Szymanowski sich aber weiter, anfangs inspiriert durch die Musik von Wagner, Strauss oder Schreker, dann immer mehr von archaischen Stoffen angezogen und diese in seine Klangkonzepte einbeziehend. Die erwähnten Werke in Baiba Skrides neuester Aufnahme machen diesen Weg genau nachvollziehbar, angefangen mit dem kammermusikalischen Duo in den Mythen, das quasi-impressionistisch auf die Antike zurückverweist und ihre Figuren wie den „Narziss“ oder die „Dryaden und Pan“ in schillernden Farben bricht. Das ein Jahr später, 1916 uraufgeführte 1. Violinkonzert geht insofern bereits über diese Ästhetik hinaus, als die Vorlage, das Gedicht Mainacht von Tadeusz Micinski zwar ebenfalls mythische Anspielungen enthält, Szymanowski die nächtliche Grundstimmung aber eher wie Gustav Mahler ohne klares Programm nutzt, um betörende Melodielinien und gleichsam Duette zwischen der Solo-Violine und einzelnen Instrumentengruppen (besonders den Holzbläsern) zu formen. Das 2. Violinkonzert von 1932 bietet Baiba Skride und dem Orchester dagegen die Gelegenheit, die Wucht von Szymanowskis Spätstil auszuspielen: rhythmisch klar gegliederte Abschnitte mit folkloristischen Anklängen verbinden sich hier mit den Kantilenen der Violine im Finale zu einem unerwarteten (und auch in Szymanowskis Schaffen nicht mehr überbotenem) triumphalen Abschluss.