ORFEO International – Pressetexte

Wichtige Veröffentlichungen kurz vorgestellt

September 2010

Salzburger Festspieldokumente 2010

Festliches mit Ewigkeitsanspruch

Facettenreich im Repertoire, wie es die Salzburger Festspiele seit jeher sind, präsentiert sich auch die Edition SALZBURGER FESTSPIEL-DOKUMENTE im Jahr 2010. Jubilare des Jahres prägen die Reihe auf der Komponisten- ebenso wie auf der Interpretenseite. Selbstverständlich darf das kompositorische Schaffen von Gustav Mahler nicht fehlen, an dessen Wiederentdeckung die Salzburger Festspiele bald nach dem Zweiten Weltkrieg großen Anteil hatten. C 818 101 B
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C 819 101 B
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C 820 102 B
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C 821 102 B
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C 822 101 B
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So dirigierte der nach Salzburg zurückgekehrte Bruno Walter 1950 mit der Vierten Symphonie ein Werk seines Entdeckers und Förderers Mahler, dessen Salzburger Erstaufführung er bereits ein Vierteljahrhundert vorher am Pult der Wiener Philharmoniker geleitet hatte. Mit demselben Orchester und Irmgard Seefrieds passend lebensfroher und doch wie entrückt wirkender Sopran-Stimme ließ er diese Symphonie einer packenden Egmont-Ouvertüre Beethovens folgen. Eine ähnliche Gegenüberstellung der (Wiener) Klassik mit Mahlers Wien der Jahrhundertwende wagte ein knappes Jahrzehnt später Rafael Kubelík, wiederum mit den Wiener Philharmonikern: Schuberts „Tragische“ Symphonie No. 4 c-Moll D 417 ging mit ihrem melancholischen Kopfsatz und kämpferischen Schluss-Allegro dabei gleichsam nahtlos in den fatalistischen Trinkspruch zu Beginn von Mahlers Lied von der Erde und in die Abschiedsstimmungen der Folgesätze über. Mit Hilde Rössel-Majdan und Waldemar Kmentt standen dem Dirigenten zwei Gesangssolisten zur Verfügung, die Kubelíks präzise Einteilung der Phrasen und Auffächerung der Klang-farben souverän mitvollziehen konnten.
C 823 104 l
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C 824102 B
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C 825 101 B
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C 826 103 D
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Im selben Jahr, dem letzten vor der Eröffnung des neuen „Großen“ Festspielhauses, gastierte mit Leonard Bernstein nicht nur eine der eindrucksvollsten Musikerpersönlichkeiten der Epoche, sondern auch noch gemeinsam mit ihm (dem damaligen Chefdirigenten) das New York Philharmonic, eines der traditionsreichsten Orchester der Vereinigten Staaten. Bernsteins eigenes Werk The Age of Anxiety, seine zweite Symphonie für Klavier und Orchester, beeindruckte dabei das Publikum (mit Seymour Lipkin als wendigem Pianisten zwischen romantisierender und „jazziger“ Klangsprache) ebenso wie Dmitri Schostakowitschs Fünfte Symphonie, deren großartige Steigerungen und abgründige Klangentfaltungen Bernstein kongenial herausmodelliert.
Weniger emotional in der Wahl der Werke, dafür umso virtuoser und temperamentvoller ging vier Jahre später der junge Lorin Maazel als Einspringer am Pult der Wiener Philharmoniker zuwerke. An Berlioz’ Symphonie fantastique und Strauss’ Till Eulenspiegel als Eckpfeilern eines ungewöhnlichen Programms erwies sich sofort Maazels „Händchen“ für die sentimentalen und grotesken Kontraste der Hoch- und Spätromantik. Beethovens Erstes Klavierkonzert markierte in der Programmmitte einen Ruhepol, den Maazel mit Orchester und dem Solisten Géza Anda in schönster Übereinstimmung auskostete.
Anda war es, der zwei Jahre später einen Abend ausschließlich mit Werken von Frédéric Chopin, also einem weiteren Jubilar des Jahres 2010, bestritt. Die 24 Préludes op. 28 standen dabei ebenso auf dem Programm wie die von Anda bisher nicht greifbaren 12 Etüden op. 10 und derer „zweites Dutzend“ op. 25 – eine wahre Tour de force, von Anda aber mit höchsten Weihen der Technik und Anschlagskultur keineswegs als solche dargeboten, sondern als rundherum beglückendes, ja regelrecht magisches Musikerlebnis.
Mit seiner Flexibilität, sowohl als überragender Konzertpartner und Wettstreiter mit großen Orchestern als auch in eigenen Solistenabenden, knüpfte Anda an eine Tradition an, die Instrumentalisten der frühen Nachkriegszeit in Salzburg neu begründet hatten. Einen vorderen Platz unter ihnen nimmt sicherlich Edwin Fischer ein, der in Klavierkonzerten mit den Wiener Philharmonikern (mit der Autorität des Gründervaters solcher Personalunion als musikalischer Leiter und Solist), im Trio mit Wolfgang Schneiderhan und Enrico Mainardi und in Solistenkonzerten durch seine unfehlbare Musikalität glänzte. All das belegt die neue Zusammenstellung zu Fischers Gedenken aus den Jahren 1946-54, mit Klavierkonzerten von Mozart, Klaviertrios vom selben Komponisten, Beethoven, Schumann und Brahms sowie dem letzten Konzert, in welchem Edwin Fischer das Salzburger Publikum mit den Beethoven Sonaten op. 28, 53 und 111 fesselte.
Auch Fischers langjähriger Partner am Cello, Enrico Mainardi, war als Meister und Mentor quasi eine Institution in Salzburg. Im Duo mit Carlo Zecchi am Konzertflügel spannte er mit Beethovens Opus 102/1 über Schuberts Arpeggione-Sonate D 821 bis hin zu Brahms’ Opus 38 einen filigranen Bogen meisterlicher Beherrschung und überlegener Realisierung kontrapunktischen Zusammenspiels und Wetteiferns.
Gleiches in der Kunst des Liedes, ja sogar in gleich vier Sprachen und unterschiedlichsten Epochen leistete Nicolai Gedda mit Erik Werba als Begleiter. Mit luzide einschmeichelnden Gesangslinien und Register-mischungen begeisterte der Schwede in seinem Liederabend 1959 in Kompositionen von Falconieri bis Respighi und von Glinka bis Schostakowitsch. „Wählerischer“ ausgefallen ist die hier als krönender Abschluss zu nennende Edition jener Liedgruppen, die Elisabeth Schwarzkopf zwischen 1953 und 1963 von Franz Schubert und Hugo Wolf zusammengestellt hat, mit keinen Geringeren als Wilhelm Furtwängler und Gerald Moore als Klavierpartnern. Bis heute exemplarisch ist Schwarzkopfs Diktion und Textgestaltung, mit der sie Hugo Wolfs Spanisches und Italienisches Liederbuch erst richtig bekannt gemacht hat und Schubert-Lieder wie Gretchen am Spinnrade oder Die Liebe hat gelogen zu in sich geschlossenen Miniatur-Dramen formen konnte.

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