Christa Ludwig ORFEO CD C 758 083 DGerade die Flexibilität, vom feinsten Pianissimo zum großen Ausbruch steigern zu können, ermöglichten es Christa Ludwig, ohne zwischenzeitlich an Intensität einzubüßen, mit hochdramatisch akzentuierten Passagen selbst im durchkomponierten Lohengrin spontane Ovationen des Publikums zu entfesseln. Ihre Marschallin im Rosenkavalier unter Leonard Bernstein überwältigt zudem in ihrer verhaltenen Melancholie live noch mehr als im Studio. Überhaupt begeistert, wie die Ludwig mit so unterschiedlichen Dirigenten wie Karl Böhm, Herbert von Karajan, Lorin Maazel, Claudio Abbado oder dem „jüngsten“ Neujahrskonzert-Maestro, Georges Prêtre, jeweils zu einer gelungenen musikalischen Partnerschaft fand. Dass ihr unverwechselbares Timbre nicht unter den Belastungen litt, wurde durch ihre Auftritte im Mezzosopranfach immer wieder bestätigt und wohl auch begünstigt. Nicht immer stand sie im Zentrum von Premieren wie als Didon in Berlioz’ Les Troyens oder in der auf sie zugeschnittenen Titelparte in Gottfried von Einems Besuch der alten Dame in Friedrich Dürrenmatts eigener Librettoadaption seines bekannten Sprechdramas. Da sie immer ihren Ensemblegeist bewahrte, war sie sich nie zu schade, in kleineren Partien wie als Clairon in Strauss’ Capriccio, Federica in Verdis Luisa Miller, als Rheingold-Erda und gegen Ende ihrer Karriere zunehmend in Charakterpartien wie der alten Gräfin in Tschaikowskys Pique Dame, Geneviève in Pelléas et Mélisande aufzutreten – vor allem aber in ihrer Abschiedsrolle, der Klytämnestra in Elektra.
Der letzte Auftritt im Jahr 1994 – fast vierzig Jahre nach dem Wiener Debüt – bildet zugleich den Beschluss der klingenden Hommage und Erinnerung an eine außergewöhnliche Karriere des Ehrenmitglieds der Wiener Staatsoper Christa Ludwig.