Mitwirkende:
Kölner Rundfunk-Symphonieorchester (Orchester)
Joseph Keilberth (Dirigent)
Zwischenzeitlich unterschätzt, zählt Joseph Keilberth heute zu jenen Dirigenten, deren Wirken im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts in der jüngsten Zeit wieder mit erhöhter Aufmerksamkeit bedacht wird. Das liegt zum Großteil an den legendären Opernaufführungen, die vor allem aus der Bayerischen Staatsoper, von den Bayreuther und den Salzburger Festspielen – auch bei ORFEO – mit ihm dokumentiert sind.
ORFEO CD C 724 071 BDie in stetig wachsendem Umfang zugänglichen Tondokumente prägen aber auch ein erneuertes Bild des bedeutenden Konzertdirigenten Joseph Keilberth. Zu Lebzeiten war sein Rang auf diesem Sektor unbestritten, bereits als er das Philharmonische Orchester in Prag leitete. Mit den aus diesem Orchester hervorgegangenen Bamberger Symphonikern war Keilberth, als Mitbegründer und Chefdirigent, nach dem Zweiten Weltkrieg in aller Welt zu Gast. Welch herben Verlust für die Musikwelt der unerwartete Tod des gerade einmal 60-jährigen Keilberth im Jahr 1968 bedeutete, belegt einmal mehr die zwei Jahre vorher entstandene Einspielung von Bruckners 8. Symphonie mit dem Kölner-Rundfunk-Symphonieorchester (dem heutigen WDR Symphonieorchester Köln). Es war das letzte Mal, dass Keilberth diese Symphonie leitete, die er 25 Jahre lang regelmäßig mit verschiedenen Orchestern interpretiert hatte. Alle Sätze sind von Keilberths Bestreben (und seinem Erfolg) bestimmt, die Musik mit großer innerer Ruhe stets im Fluss zu halten (freilich spannungsvoll beschleunigend und verlangsamend), ohne in den schnellen Sätzen ins Eilen und in den langsamen ins Schleppen zu geraten. Auch dynamisch disponiert Keilberth überlegt und überlegen: Der Streicherklang bleibt stets filigran und durchsichtig, die Bläser und insbesondere die Einsätze des Blechs werden nur in den ganz großen Steigerungen zur vollen Eruption gebracht. Wie immer bei Keilberth tritt das Spektakuläre (und bei Bruckner so häufig vernommene Bombastische) zurück, zugunsten zärtlicher Intimität. Aus jedem Takt spricht das Verantwortungsgefühl des Musikers Joseph Keilberth für eine Tradition, die er in seinen letzten Lebensjahren zunehmend gefährdet sah. Umso erfreulicher und wünschenswerter ist es, dass Keilberths Ernsthaftigkeit, die trotzdem auch bei Bruckner ohne einen übertrieben weihevollen Mystizismus auskommt, heute nachvollzogen und geschätzt wird.
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