Mitwirkende:
Anett Fritsch (Sopran)
Münchner Rundfunkorchester (Orchester)
Alessandro Marchi (Dirigent)
Eine Mozart-Frau für unsere Zeit
Selten tritt eine junge Vokalkünstlerin mit ihrer Debüt-CD so „fertig“ bzw. völlig überzeugend entwickelt und ausgereift hervor wie hier Anett Frisch –
C 903 161 Aund gewiss noch seltener mit dem so überaus geschätzten wie ob seiner Komplexität auch gefürchteten Mozart – und ausgerechnet mit Arien aus der Trias seiner Meisterwerke Figaro – Don Giovanni – Così. Doch entspricht der gewählte Repertoire-Schwerpunkt völlig der Realität – hat die seit ihrer frühen Jugend schon auf der Bühne ihrer Heimatstadt Plauen aktive Sopranistin, von 2009 bis 2015 Ensemblemitglied der Deutschen Oper am Rhein, in den letzten Jahren doch internationale Erfolge sondergleichen gerade in den Hauptwerken Mozarts gefeiert, noch dazu in staunenswerter Vielfalt der Rollen innerhalb derselben Werke. Ihr bemerkenswerter Erfolg ist sogar auch im wörtlichen Sinn schon auf DVD abgebildet und nachvollziehbar – in den Salzburger Sven-Erik Bechtolf-Produktionen von Figaro und Don Giovanni wie in der Furore machenden, wahrhaft „filmreifen“ Così von Michael Haneke aus Madrid. 2016 verkörperte sie innerhalb von sage und schreibe fünf Monaten alle wichtigen Frauenpartien in Le nozze di Figaro: im April in Toulouse die Susanna, im Juni in München Cherubino, schließlich im August in Salzburg die Gräfin.
Genau diese Vielfalt innerhalb der Werke stellt sie auf ihrer Mozart-Einspielung unter Beweis: aus dem Figaro wird sowohl die vielschichtige erste Arie „Porgi amor“ der Contessa geboten wie die ekstatische „Non so più cosa son“ des Cherubino und seine innige Canzona als auch die sehnsuchtsvolle „Rosen-Arie“ der Susanna.
Aus dem Don Giovanni erklingt das leidenschaftliche „Ah fuggi il traditor“ wie das für Wien nachkomponierte „In quali eccesi“ der Donna Elvira – sie hält Anett Fritsch für die emotional „weiteste“ Figur der Oper; – dazu als Kontrast die emotional (und musikalisch) ganz andere, leichtfertige Gangart von Zerlinas Rückgewinnungs-versuchen gegenüber Masetto.
Aus der scheinbar komischen, in Wahrheit abgründigen Così fan tutte erklingen die beiden ersten großen Arien der Fiordiligi, unterbrochen von den so frivolen wie unfreiwillig komischen erotischen Ratschlägen der Despina „Una donna a quindici anni“ – der ersten Mozart-Partie, mit der Anett Fritsch 2006 auftrat. Jedenfalls ist es frappierend, wie flexibel sie von einem lyrischen Stimmkern aus den jeweiligen gesangstechnischen Anforderungen, ob mit höheren Koloraturen oder auch frei angebrachten Verzierungen, oder dem jeweiligen emotionalen stärkeren Nachdruck stimmlich gerecht wird.
Vielleicht braucht jede Zeit ihre eigene Art, die so Mozart-typische, ungeheuer lebensecht gebildete Zusammengesetztheit der dargestellten Personen zu verkörpern, und vielleicht gelingt es Anett Fritsch besonders ansprechend, etwas von einem neuen Frauenbild in ihre Rollendarstellungen einzubringen.
Sekundiert wird Anett
Anett Fritsch präsentiert ihre Debut CD im Konzert am 26. Oktober 2016, Prinzregententheater München um 19.30 Uhr unter dem Titel „Sie singt halt recht vortrefflich“
Foto: Katerina HuberFrisch bei alldem von dem unter den Münchner Klangkörpern besonders flexiblen Münchner Rundfunkorchester, angeführt von dem aufführungspraktisch kenntnisreichen Alessandro De Marchi. Abgerundet wird das Programm der Aufnahme mit Beispielen aus einem aussagekräftigen abgelegeneren Teil des großen Mozart’schen Vokalschaffens – zwei ausgreifenden Konzertarien. Die zweiteilige, modulationsreiche Arie mit Rezitativ „Bella mia fiamma – Resta, oh cara“ wurde 1787 in Prag geschrieben, also zur Zeit der Uraufführung des Don Giovanni, für Niccolò Jommellis Festa teatrale Cerere placata. Hier stellt Anett Fritsch in der Hosenrolle des Titano dessen ihn bis in den freiwilligen Tod führenden, verzweifelten Abschied von der Geliebten dar. – Der Text „Misera! Dove son! – Ah! Non son io che parlo“, bloß einige Jahre, aber mehrere Mozart’sche Opern-Welten früher komponiert, stammt von einem der bedeutendsten Librettisten des früheren 18. Jahrhunderts, Pietro Metastasio. Der Ezio von 1728, dem die Arie entstammt, wurde mehr als 50 Mal vertont, u.a. 1732 von Händel, 1750/1763 von Gluck und noch 1777 für München von Mysliveček. Der musikalische Duktus der abermals mehrteiligen Arie mit Rezitativo accompagnato und Arioso gemahnt denn auch nicht von ungefähr sehr an den gleichzeitig in und für München 1781 entstandenen, von Mozart selbst so hochgeschätzten Idomeneo.
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