Mitwirkende:
Josef Greindl (Hans Sachs, Schuster - Baß)
Theo Adam (Veit Pogner, Goldschmied - Baß)
Wilfried Krug (Kunz Vogelsang, Kürschner - Tenor)
Egmont Koch (Konrad Nachtigall, Spengler - Baß)
Karl Schmitt-Walter (Sixtus Beckmesser, Schreiber - Bariton)
Ludwig Weber (Fritz Kothner, Bäcker - Bariton)
Heinz-Günther Zimmermann (Balthasar Zorn, Zinngießer - Tenor)
Harald Neukirch (Ulrich Eißlinger, Würzkrämer - Tenor)
Hermann Winkler (Augustin Moser, Schneider - Tenor)
Frithjof Sentpaul (Hermann Ortel, Seifensieder - Baß)
Hans Günther Nöcker (Hans Schwarz, Strumpfwirker - Baß)
Eugen Fuchs (Hans Foltz, Kupferschmied - Baß)
Wolfgang Windgassen (Walther von Stolzing, ein junger Ritter - Tenor)
Gerhard Stolze (David, Sachs' Lehrbube - Tenor)
Elisabeth Grümmer (Eva, Pogners Tochter - Sopran)
Elisabeth Schärtel (Magdalena, Evas Amme - Mezzosopran)
Donald Bell (Ein Nachtwächter - Baß)
Chor der Bayreuther Festspiele (Chor)
Orchester der Bayreuther Festspiele (Orchester)
Hans Knappertsbusch (Dirigent)
Hans Knappertsbusch gilt heute als einer der großen Wagner-Dirigenten der Vergangenheit, doch muss man sich bewusst machen, dass diese Wagner-Kapazität, 1888 geboren, Inbegriff alter deutscher Orchestertradition, erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Bayreuth reüssieren und überhaupt zum ersten Mal auftreten konnte – so verschlungen können die Wege der Geschichte verlaufen.
C 917 154 LUnd in diesem seinen Revier ließ sich „Kna“ dann immer wieder, neben dem dramatischen frühen Holländer (ORFEO 692092) von 1955, vor allem mit den ganz großen, „schweren“ Spätwerken vernehmen – Der Ring des Nibelungen (660 513), Die Meistersinger von Nürnberg, Parsifal (690 074). Am berühmtesten dürfte der Elberfelder Dirigent dabei allgemein wohl, neben den Ring-Zyklen 1956-1958, für seinen Parsifal gewesen sein – bis zu seinem Tod vor 50 Jahren dirigierte er ihn nur in einem Jahr nicht (der bei ORFEO veröffentlichte ist sein letzter, von 1964) – und auch am stärksten maßstabsetzend und fortwirkend. Doch findet mancher Knappertsbusch-Connaisseur noch mehr Qualitäten seines vermeintlich so tiefernsten Idols gerade in Wagners als „große komische Oper“ entworfenem längsten einzelnem Werk. Oder umgekehrt: daß diesem Werk durch ihn interpretatorisch noch mehr Gerechtigkeit getan wird. Ein Faible für die leichtere Muse hat Kna immer wieder unter Beweis gestellt – von den Badner Madl’n von Komzak bis zu den erst vor wenigen Jahren entdeckten vollständigen Lustigen Weibern von Nicolai (ORFEO 787 102).
In den wagner-untypisch vom Zusammen-Singen lebenden Meistersingern sorgt hier ein höchst farbiges Ensemble für die gebotene vitale Vielfalt der dargestell-ten Charaktere. Als Evchens Vater Veit Pogner überzeugt der noch 43-jährige ost-deutsche Gast Theo Adam (acht Jahre später am selben Ort als Sachs unter Karl Böhm, ORFEO 753084). Das eine große Glanzlicht der Aufführung ist aber das starke Rollen-Debüt als Sachs des in den Meistersingern schon bewährten 47-jährigen Josef Greindl. In der Premiere dieser Wieland-Inszenierung 1956 (dirigiert von André Cluytens) hatte Greindl noch den Pogner gesungen – wie schon am selben Ort 1943/44 unter Furtwängler (und 1953 unter Fritz Reiner an der MET). Zu seinem durchsetzungsfähigen echten Baßfundament kommt eine bewundernswert unangestrengte Meisterung der exponierten baritonalen Partien der Rolle, die bis zum Ende nichts zu wünschen übrig lässt. Dabei wird diese Stimmgewalt keineswegs dauernd polternd ausgespielt, vielmehr ist die Gestaltung der Partie oft auf weiche, gefühlvolle Zwischentöne hin angelegt. (Dazu muss eine filmreife Attraktivität auf der Bühne gekommen sein.) Die Gesangsleistung der großen (49-jährigen) Elisabeth Grümmer kann man nur brillant nennen in ihrer technisch makellosen, anrührend ausdrucksvollen, völlig überzeugenden Jugendlichkeit. Wolfgang Windgassens Stimme verbindet man in diesen Jahren so sehr mit noch schwereren heldentenoralen Rollen Wagners, dass dem adeligen Außenseiter-Sänger Stolzing mit seinen hörbaren vokalen Reserven hier eine ungewöhnliche Gelassenheit zuwächst. Der bewegliche Karl Schmitt-Walter ist der (alles andere als bloß lächerliche) Beckmesser dieser Produktion seit 1956. Zusammen mit dem in der Rolle als David spürbar schauspielerisch wie sängerisch aufgehenden 33-jährigen Gerhard Stolze ergibt das ein flexibles männliches Stimmen-Viereck, ideal miteinander interagierend, aber auch mit den anderen Stimmen. Alles in allem eine glückliche Melange von bewährtem Älteren, in diesen Jahren schon etablierten jüngeren Stimmen und einem eindrucksvollen Rollendebüt.
Star der Aufführung ist aber ohne Zweifel der 72-jährige Neueinsteiger in diese Produktion, Hans Knappertsbusch. Seine Darbietung des komplexen, heiklen Werkes ist gar nicht teutonisch-klotzig, sondern bewußt kultiviert zurückhal-tend, immer sängerunterstützend, gelassen-entspannt und kammermusikalisch dialogisch (was dem Werk sehr gut tut und Empfindungen von Länge gar nicht erst aufkommen lässt). Umso mehr kommt zur Wirkung etwa die mit ganz großem Bogen (und ganz großer Freude am Radau) gestaltete Prügelfuge – bis hin zur punktgenauen Abrundung zum Aufzug-Ende. Verblüffend auch das beherzte Auskosten der Festwiesentänze zwischen Glöckchen-Klangzauber, (wohldosiert) wüst-urigem Dreinfahren und hörbarem Spaß an den liebevoll ausgearbeiteten, fast dadaistischen Choreinlagen – wahrhaft ein Fest!
In einem von Raubkopien und unautorisierten Ausgaben schwer beschädigten Markt wurde viel Mühe auf die klangliche Restaurierung verwandt. Eine Zierde der Edition sind wieder einmal die exklusiven Szenenfotos aus dem Bayreuther Archiv und der höchst anregende Essay von Peter Emmerich, u.a. zur drama-turgischen Situation in Bayreuth 1960 und der Wirkung beim Publikum.
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